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ISO 9001 mit Begeisterung
Wenn ich mich im Privatleben als Berater und Trainer für Qualitätsmanagement oute, ernte ich selten Begeisterung. Typische Reaktionen sind: „ISO 9000? Den Mist machen wir bei uns auch, glaube ich“ oder „das ist aber ein trockenes Thema“. Ich möchte deshalb ein wenig für (Qualitäts-) Managementsysteme nach ISO 9001 zu werben.
In jeder Organisation (zertifiziert oder nicht) gibt es Regeln, die das Management aufstellt. Hinzu kommen Absprachen (weitere Regeln), über die sich Kolleginnen und Kollegen verständigen. Diese Regeln können dokumentiert sein (zum Beispiel durch Aushänge und Rundmails) oder nicht. Um die nicht dokumentierten Regeln ranken sich oft Mythen: „Das müssen wir so machen, denn ein Mitarbeiter wurde fristlos entlassen, als der alte Inhaber es mal anders gesehen hatte.“
Durch Regeln wird versucht, das System einer Organisation zu beherrschen. In einem System wollen Personen oder Abteilungen ein gemeinsames Ziel erreichen. Durch Wechselwirkungen im System (Schnittstellen, unterschiedliche Meinungen, Anzahl der Entscheidungen, Abhängigkeiten, Missverständnisse, …) entstehen Reibungsverluste und gegebenenfalls Qualitätsprobleme.
Organisationen sind grundsätzlich bestrebt, Kundenanforderungen möglichst gewinnbringend durch ihr komplexes System zu schleusen. Daher hat jede Organisation ein (Qualitäts-) Managementsystem. Bei der Erstellung der ISO 9001 haben sich Mitglieder des Technischen Komitees TC 176 die Frage gestellt, mit welchen Themen sich Organisationen auseinandersetzen sollten, damit das möglichst gut gelingt (beste Praktiken). Herausgekommen sind zum Beispiel Themen wie Mitarbeiterqualifikation, Arbeitsumgebung, Erkennen von Risiken und Chancen, Maßnahmenverfolgung, Kundenzufriedenheit – um nur einige zu nennen.
Somit ist die ISO 9001 lediglich eine Sammlung von Themen, bei denen es sich lohnen sollte, hilfreiche Spielregeln aufzustellen. In der gesamten ISO 9001 ist an keiner Stelle spezifiziert, wie ein Thema umzusetzen ist. Das bleibt sinnigerweise in der Verantwortung der Organisation. Lediglich manche Formulierungen im Normtext klingen wie trockener Mist.
Ich finde es spannend zu erarbeiten, mit welchen Regelungen und Methoden eine Organisation diese Normthemen zweckmäßig umsetzen kann. Da Systeme komplex und somit schwer vorhersagbar sind, ist es ebenso spannend zu beobachten, ob die geplanten Ideen zum gewünschten Ergebnis führen. Tun sie das nicht, dann ist Kreativität gefragt, um Alternativen zu finden.
Genau das ist gelebtes Qualitätsmanagement. Es ist die ständige Suche nach hilfreichen Regeln und Methoden, die Organisationen besser machen, um aktuelle und auch künftige Anforderungen von Kunden oder Interessenspartnern (Inhaber, Gesellschafter) zu erfüllen.
Die Erarbeitung der Regeln kann klassisch planerisch oder agil iterativ erfolgen. Beides hat seine Daseinsberechtigung mit jeweiligen Chancen und Risiken.
Wenn der Fokus beim Thema ISO 9001 nicht nur auf der Zertifizierung liegt, dann sprechen wir von Organisationsentwicklung. Und das ist alles andere als „trockener Mist“. Zugegeben, Zertifizierungsaudits können schon mal lästig sein. Aber hier besteht die Möglichkeit sich Partner zu suchen (Zertifizierungsauditor*innen und Berater*innen), die den Fokus auf die Sinnhaftigkeit richten.
(Dieser Artikel erschien in der Industrial Quality Ausgabe 1-2017 Seite 9)
Kein trockener Mist
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