Schuldigen für Fehler gefunden
Nach langer Suche konnte endlich die schuldige Person für die Reklamation vom letzten Monat eindeutig identifiziert und lückenlos überführt werden.
Dank 8D, einem Ishikawa-Diagramm und 5-why haben wir den zentralen Verursacher gefunden. Wirklich tolle Methoden! Die Chefin Sabine Habicht ist begeistert.
Heinz Müller hat sich die Abmahnung regelrecht verdient. Beim nächsten Fehler ist er raus. Schließlich musste mal ein Exempel statuiert werden.
Seltsam nur, dass fast der gleiche Fehler vorgestern wieder passiert ist. Da Heinz Müller im Urlaub war, kann er es nicht gewesen sein.
Zum Glück kennt Sabine Habicht jetzt die passenden QM-Methoden und macht sich freudig mit ihrem Team ans Werk.
Seltsam ist nur, dass sich das Team stark zurückhält. Haben die etwas vergessen wie Ishikawa und 5-why funktionieren? Keiner sagt was und Sabine Habicht muss scheinbar mal wieder alle Probleme alleine lösen. Wer ist wohl diesmal das Problem?
Wenn auch leicht überzeichnet, hat Sabine Habicht zahlreiche Seelenverwandte in den Führungsetagen vieler Unternehmen.
Von Mitarbeiter:innen wird bei der Fehlerursachenanalyse Partizipation erwartet. Bleibt diese aus, werden Mitarbeiter:innen als dumm, faul, verantwortungslos oder desinteressiert abgestempelt.
Sabine Habicht würde sagen: „Denen fehlt das unternehmerische Denken.“
Dabei wissen Mitarbeiter:innen sehr wohl, was gut oder schlecht für das Unternehmen ist. Gleichzeitig beobachten Sie sehr genau, was gut oder schlecht für sie selbst ist.
Wenn Mitarbeiter:innen Engagement dazu führt sich selbst zu schaden, dann schaden Mitarbeiter:innen lieber dem Unternehmen. Daher bringen die besten Methoden nichts, wenn die dahinter liegende Haltung ein falsches Menschenbild beinhaltet.
Kein normaler Mensch geht morgens mit dem Vorwand zur Arbeit: „Heute mache ich einen richtig tollen Fehler!“
Sollte Heinz Müller doch ein solcher Saboteur gewesen sein, dann würden sich die anderen Mitarbeiter:innen über dessen Abmahnung freuen: „Endlich fällt es mal auf!“
In allen anderen Fällen lernt die Organisation: „Wenn Du hier bei Fehlern erwischt wirst, dann hat das negative Konsequenzen für Dich.“ Also werden Fehler versteckt oder gar anderen (Abteilungen) in die Schuhe geschoben.
Fakt ist, dass Menschen Fehler begehen, teilweise sogar wider besseres Wissen. Wer hat nicht schon mal während der Autofahrt aufs Handy geschielt?
Was tun? Reicht es gegebenenfalls aus, auf die Abmahnung zu verzichten und Heinz Müller erneut zu unterweisen? Zumindest lassen zahlreiche 8D-Berichte darauf schließen, dass dies der Weisheit letzter Schluss sei.
Jedes menschliche Verhalten folgt einer positiven Intention.
Erneut: Sollte das nicht der Fall sein, dann sollten Sie sich von diesen Saboteuren trennen, egal was das vor dem Arbeitsgericht kosten kann. Ja, auch trotzt Fachkräftemangel!
Wird die positive Absicht hinter schlechten Entscheidungen erkannt, lassen sich oftmals gute Ideen finden, um Mitarbeiter:innen bei zu künftigen Entscheidungen zu unterstützen. Auf diese Weise etabliert Sabina Habicht, gemeinsam mit ihrem Team, wirksame Korrektur- und Vorbeugungsmaßnahmen.
Somit ist der Schuldige eindeutig identifiziert. Dabei handelt es sich weder um Heinz Müller noch um Sabine Habicht. Es ist die Haltung hinter dem täglichen Agieren.
Zum Schluss noch einige Aussagen, welche von einem positiven Menschenbild ausgehen und eine offene Fehlerkultur unterstützen:
- Jeder Mensch trifft Entscheidungen in positiver Absicht.
- Schlechte Entscheidungen können zu Fehlern führen.
- Bei der Ursachenanalyse hilft es, die positive Absicht hinter der schlechten Entscheidung zu verstehen.
- Wirksame Maßnahmen sind oft in Entscheidungshilfen für die Mitarbeiter:innen zu finden.
- Saboteure (Mitarbeiter:innen, die absichtlich Fehler machen) müssen ausgesondert werden.
Möchtest Du an der Fehlerkultur in Deiner Organisation etwas ändern?
Nimm gerne Kontakt zu mir auf.