Erfolgsfaktoren

Interview zum Buch „Wieso ISO?“

Wieso ISO IQ Interview

Georg Dlugosch, Chefredakteur des Fachmagazins „Industrial Quality“ (IQ), führte mit mir im Rahmen der Ausgabe 02/2018 das folgende Interview:

Redaktion IQ: Herr Joseph, was erwartet die Leser in Ihrem Buch „Wieso ISO? – Über den Sinn und Unsinn bei Zertifizierungen nach ISO 9001 und co.“?

Stephan Joseph: Stellt man sich als Berater für Qualitätsmanagementsysteme vor, triff man selten auf Gegenliebe zum Thema ISO 9001. Wenn man ein wenig nachhakt, erhält man in der Regel völlig falsche Annahmen darüber, was dieser Standard von Unternehmen fordert. Daher skizziere ich im ersten Teil meines Buchs, warum die Zertifizierung nach ISO 9001 überwiegend einen schlechten Ruf genießt. Der zweite Teil erinnert an den ursprünglichen Sinn von Managementsystemen und im letzten Teil werden ausgewählte Themen der Norm etwas genauer skizziert.

Redaktion IQ: An wen richtet sich dieses Buch?

Wieso ISO? – Mein Buch ist fertig

Wieso ISO

Über Sinn und Unsinn bei Zertifizierungen nach ISO 9001 und co.

Ich freue mich, dass ich mein Buch noch in diesem Jahr fertigstellen konnte. Ab sofort kann es bei Amazon.de für 15,90 € erworben werden.

Was erwartet die Leserinnen und Leser?

„Wieso ISO?“ ist keine weitere Anleitung zur Einführung eines QM-Systems auf Basis der ISO 9001:2015. Vielmehr wird reflektiert, warum in vielen Organisationen das Qualitätsmanagement einen schweren Stand hat und selbstverständlich enthält es zahlreiche Anregung zur Verbesserung der Wirksamkeit von Managementsystemen.

Viele Beispiele runden das Leseerlebnis ab. Negativbeispiele sollen die Unsinnigkeit vor Augen führen und Positivbeispiele sollen Anregungen zur Verbesserung geben. Zudem habe ich mich bemüht, einen lockeren Sprachstil zu verwenden (Lesbarkeit und Spaß stehen über dem wissenschaftlichen Anspruch).

Buchrückentext

Jahr für Jahr finden in Deutschland pro Arbeitstag über 200 Zertifizierungsaudits statt. Im Vorfeld wird in den Unternehmen aufgeräumt. Dokumente werden hektisch auf Vordermann gebracht. Am Tag des Audits herrscht Unsicherheit. Bloß nichts Falsches sagen oder zeigen. Am letzten Audittag lauscht die Führungsriege gebannt dem Abschlussgespräch. Endlich fällt der entscheidende Satz: „Wir werden die Zertifikatserteilung empfehlen.“

Hurra, es ist geschafft! Wieder ein Jahr Ruhe vor der ISO 9001.

Viele seltsame Verhaltensweisen deuten darauf hin, dass Unternehmen, deren Berater und Auditoren das Ziel von QM aus den Augen verloren haben. Aufklärung hilft dabei, sinnvolle von unsinnigen Aktivitäten zu unterscheiden. Hierzu werden folgende Themen reflektiert:

Sinnlose Workshops

Kreative Workshops

„Warum setzten Sie sich nicht mal für eine Stunde mit Ihren Mitarbeitern zusammen und überlegen gemeinsam, was getan werden könnte?“ Unabhängig vom Thema, erhalte ich auf solche Vorschläge Gegenreaktionen, welche sinngemäß lauten: „Von unseren Mitarbeitern kommen keine Ideen. Die gucken Sie bei so etwas nur blöd an. Da kommt nichts.“

Ergänzt werden solche Aussagen mit: „Das haben wir alles schon mal versucht.“ Oftmals liegen solche ‚Versuche‘ bereits viele Jahre in der Vergangenheit. Fragt man weiter nach der verwendeten Methodik bei dem ‚Versuch‘, den Mitarbeitern Ideen zu entlocken, stößt man häufig ins Nirvana.

Trockener Mist? Keineswegs!

Ist ISO 9001 nur trockener Mist?

ISO 9001 mit Begeisterung

Wenn ich mich im Privatleben als Berater und Trainer für Qualitätsmanagement oute, ernte ich selten Begeisterung. Typische Reaktionen sind: „ISO 9000? Den Mist machen wir bei uns auch, glaube ich“ oder „das ist aber ein trockenes Thema“. Ich möchte deshalb ein wenig für (Qualitäts-) Managementsysteme nach ISO 9001 zu werben.

In jeder Organisation (zertifiziert oder nicht) gibt es Regeln, die das Management aufstellt. Hinzu kommen Absprachen (weitere Regeln), über die sich Kolleginnen und Kollegen verständigen. Diese Regeln können dokumentiert sein (zum Beispiel durch Aushänge und Rundmails) oder nicht. Um die nicht dokumentierten Regeln ranken sich oft Mythen: „Das müssen wir so machen, denn ein Mitarbeiter wurde fristlos entlassen, als der alte Inhaber es mal anders gesehen hatte.“

Durch Regeln wird versucht, das System einer Organisation zu beherrschen. In einem System wollen Personen oder Abteilungen ein gemeinsames Ziel erreichen. Durch Wechselwirkungen im System (Schnittstellen, unterschiedliche Meinungen, Anzahl der Entscheidungen, Abhängigkeiten, Missverständnisse, …) entstehen Reibungsverluste und gegebenenfalls Qualitätsprobleme.

Umfrageergebnis zum Sinn der ISO 9001 Anforderungen

Bild einer Checkliste als Symbol für die Umfrageergebnis zum Sinn der ISO 9001 Anforderungen

Die Ergebnisse meiner Online-Befragung zum Sinn der ISO 9001 Anforderungen liegen vor. Vielen Dank an alle, die mitgemacht haben! Insbesondere bedanke ich mich für die zusätzlichen Telefonate und Mails, in denen einige Teilnehmer*innen ihre Abstimmung begründet haben.

Hier nochmal die Fragestellung: „Wenn die Zertifizierung nach ISO 9001 wegfallen würde, auf welche Normthemen würden Sie in der Praxis verzichten?

Umfrageergebnis Juli 2016 zum Sinn der ISO 9001 Anforderungen
Umfrageergebnis Juli 2016 (zum Vergrößern anklicken)

Insgeheim habe ich natürlich gehofft, dass die Mehrheit der Teilnehmer*innen mit „KEINE“ abstimmt. Allerdings hätte ich an zweiter Steller die Qualitätspolitik erwartet. Aber nun der Reihe nach (zumindest die TOP 5):

Zurück zur Sinnhaftigkeit

Sinnhaftigkeit

Wenn ich mich im Privatleben als Berater und Trainer für Qualitätsmanagement oute, ernte ich selten Begeisterung. Häufiger höre ich Reaktionen wie „ISO 9000? Den Mist machen die bei uns auch, glaube ich“ oder „Das ist aber ein trockenes Thema“.

Aus meiner Erfahrung kann ich beide Reaktionen nachvollziehen. Gleichzeitig weiß ich auf Grund der Äußerungen, dass in diesen Organisationen kein sinnvolles QM-System eingeführt wurde.

Daher möchte ich diesen Beitrag nutzen, um grundsätzlich zu erklären, was ein (Qualitäts-) Managementsystem ist, worin der Sinn besteht und was das Ganze mit der ISO 9001 zu tun hat.

Reicht das so für die ISO 9001?

Reicht das so für die ISO 9001?
ISO 9001 Angstfrage

Immer wieder werde ich von Kunden gefragt: „Reicht das so für die ISO 9001?“. Abgewandelte Formen dieser Frage sind zum Beispiel:

  1. Ist das Formular zur Bewertung von Schulungen so gut genug?
  2. Reicht unsere Bewertung der Lieferanten so aus?
  3. Sind unsere internen Auditberichte ausführlich genug?
  4. Ist es OK, wenn wir die Kennzahlen als Balkendiagramm darstellen?

Meine Gegenfragen als Berater könnten wie folgt ausfallen:

  1. Liefert Ihnen das Bewertungsformular wertvolle Informationen?
  2. Bringt Ihnen Ihre aktuelle Lieferantenbewertung hilfreiche Erkenntnisse?
  3. Können die Empfänger etwas mit den Auditberichten anfangen?
  4. Hilft die grafische Aufbereitung der Kennzahlen beim Verständnis?

Lautet die Antwort daraufhin „NEIN“, dann wurden scheinbar die falschen Methoden angewendet, um den Normanforderungen gerecht zu werden.

Ich bin Prozesseigner … und nun?

Das Bild zeigt einen Steuermann mit Schildkröte (Turtle)

Ist-Situation in Unternehmen

Fast jede Organisation die ISO 9001 zertifiziert ist, hat im Handbuch Ablaufdiagramme (Flowcharts, Verfahrensanweisungen, Prozessbeschreibungen), die durch einen Prozesseigner (Prozessverantwortlichen, Führungskräfte) einst freigegeben wurden.

In den meisten Fällen ist es so, dass sich die Prozesseigner nach der Freigabe wieder ihrem Tagesgeschäft widmen.

Erst kurz vor dem nächsten externen Audit kommt der Appell von QM-Beauftragten, die visualisierten Darstellungen im Handbuch zu prüfen. Mehr oder weniger aufwändig werden die Prozessbeschreibungen mit der Realität abgeglichen und angepasst. Ein echter Nutzen ist oftmals nicht erkennbar. Eher könnten zynische Gedanken nach dem Motto „Ach so hatten wir uns das mal gedacht“ aufkommen.

Die Visualisierung von Arbeitsabläufen kann im Rahmen von Prozessanalysen wertvolle Erkenntnisse offenbaren. Von der ISO 9001 werden Darstellungen von Arbeitsabläufen jedoch nicht gefordert. Das ist für viele Personen im QM-Kontext überraschend, leider auch für mache QM-Beauftragte, Berater*innen und Auditor*innen, eine Überraschung. Da kann ich nur sagen: „Es hilft, die Norm zu kennen.“

Aufgaben für Prozesseigner

Wenn es nicht um die Aktualisierung von Verfahrensanweisungen geht, steht eine wichtige Frage im Raum:

Was sind die Aufgaben von Prozesseignern?

In der ISO 9000 Familie finden wir nur indirekt eine Antwort. Im Abschnitt 4.4 „Qualitätsmanagementsystem und seine Prozesse“ finden wir Anforderungen an Prozesse, die sich in Führungsaufgaben übersetzen lassen:

Fehler und Risiken im Geschäftsprozess

Geschäftsprozessmanagement

In vielen Organisationen sind die technischen Entwicklungsmöglichkeiten zur Optimierung der Produktionsprozesse oftmals ausgeschöpft. Innovationen zur Kostenoptimierung erfordern entweder hohe Investitionen oder den glücklichen Zufall zur Entdeckung einer neuen Technologie.

Anders sieht es in den Geschäftsprozessen aus! In den organisatorischen Abläufen, angefangen bei der Marktbeobachtung, über die Auftragsgenerierung, den Auftragssteuerungsprozess bis hin zur Ermittlung der Kundenzufriedenheit und zur Bewertung der eigenen Effizienz, liegen die eigentlichen Potenziale zur Optimierung der Organisation.

Der geeignete Prozesseigner

Geeigneter Prozesseigner

Die meisten Organisation, die nach ISO 9001 zertifiziert ist, haben im Managementsystem sogenannte Verfahren in Form von Ablaufdiagrammen, Flowcharts, Prozessbeschreibungen oder ähnlichem beschrieben. Diese Ablaufbeschreibungen werden in den meisten Fällen von einem Prozessverantwortlichen (Prozesseigner) freigegeben

Oft ist es leider so, dass der Prozessverantwortliche sich nach der Freigabe wieder seinem Tagesgeschäft widmet. Erst kurz vor dem jährlichen Zertifizierungsaudit erinnert sich mancher Prozessverantwortliche daran, dass es Prozesse im Handbuch gibt, die er vor einiger Zeit freigegeben hat. Selbst wenn sich der Prozessverantwortliche nun eine Stunde Zeit nimmt, weiß er unter Umständen nicht, was er konkret tun soll.

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