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Ob ein Unternehmen nur „Mach mir ISO“ ausruft, merkt man zum Beispiel am Maßnahmenplan. Es wird immer mal Phasen geben, in denen QM-Aktivitäten von dringenden Themen überlagert werden. Jedoch scheint das in manchen Organisationen ein Dauerzustand zu sein.
Das Folgende erlebte ich vor Corona:
Gut gelaunt fahre ich zum Kunden. Es steht ein internes Audit an. Eine Tätigkeit, die mir Spaß macht. Nur das Schreiben des Auditberichts ist manchmal lästig.
Nach 45 Minuten Fahrtzeit komme ich beim Kunden an und werde freundlich vom QM-Beauftragten empfangen. Nach dem üblichen Smalltalk ergibt sich der folgende Dialog:
Ich: „Bitte zeige mir die aktuell offenen Maßnahmen aus dem Maßnahmenplan“, wohl wissend, dass sich diese aus einer Exceltabelle abfiltern lassen.
QMB: „Einen Moment, den muss ich erst suchen.“
Der „Moment“ dehnte sich wie Kaugummi. Über die Schulter des QMBs konnte ich die Suche verfolgen. Laufwerk Q:\QMH oder doch Q:\ISO? Oder hatte er den Maßnahmenplan doch lokal gespeichert. Dazwischen immer wieder Ordner mit Titeln wie „Kopie von QMH“ oder „QMH aktuell“.
Endlich taucht die Datei Maßnahmenplan.xlsx auf und noch vor dem Öffnen war mir klar, dass diese Datei seit meinem letzten Besuch (Begleitung des Zertifizierungsaudits vor 8 Monaten) nicht mehr bearbeitet wurde. So ein Speicherdatum kann verräterisch sein.
Ich: „Da dies der Speicherstand vom letzten Audit ist, hast Du die Empfehlungen aus dem letzten Überwachungsaudit noch nicht eingepflegt. Kannst Du mir bitte den Auditbericht raussuchen?“
QMB: „Ich glaube, den habe ich per Mail erhalten. Oder hat den die Geschäftsführung? Moment, ich frage mal eben nach.“
Auch dieser „Moment“ zog sich so lange hin, dass ich in der Zeit den Zertifizierungsauditor angemailt und höflich um eine Kopie des Auditberichts gebeten habe. Wenige Minuten später lag die Antwort des netten Auditors vor, inklusive angehängter PFD-Datei.
QMB: „Ich kann den Bericht nicht finden. Ich verstehe das nicht.“
Ich: „Kein Problem, ich habe diesen inzwischen vom Auditor erhalten. Gehen wir die Themen mal durch.“
Diese Antiqualität wurde noch verschlimmert. Viele Maßnahmen bzw. Empfehlungen aus dem Auditbericht hatten den Status: „Äh, keine Ahnung, da muss ich mal nachfragen“ oder : „Ach ja, das wollten wir ja auch noch machen. Aber das schaffen wir jetzt nicht mehr bis zum nächsten Audit.“
Inzwischen sind fast zwei Stunden vergangen, ohne wirklich etwas bewirkt zu haben.
Diese Antiqualität ist wahrscheinlich darauf zurückzuführen, dass nur ein ISO 9001 Zertifikat zur Wanddekoration angestrebt wird und die dabei entstehende Blindleistung billigend in Kauf genommen wird.
Trotz Aufklärung und dem Versuch, individuell passende Lösungen zu finden, stößt man bei manchen Kunden auf unbegreifliches Desinteresse. Hier heißt es für QM-Beauftragte oder Berater*innen: Love it, change it or leave it.
„Mach mir ISO!“
Ja, auch ich habe immer noch ein paar Kunden, die wenig Interesse für ihr QM-System aufbringen. Hauptsache „der Prüfer“ ist zufrieden. Der Auftrag an QMB und Berater*in lautet „Mach mir ISO„, schließlich bezahle ich dafür. Gleichzeitig sagt der Umgang mit dem zertifizierten QM-System wenig über das Unternehmen an sich aus.
Es kann aus externer Sicht interessant sein, die Ursachen für das QM-Desinteresse zu erkunden, um dennoch wirksame Veränderungsimpulse zu setzen. Manchmal freut man sich dann auch über kleine Fortschritte, wie z.B. einen aktuell gepflegten Maßnahmenplan.
3 grundlegende Fehler in QM-System
Wenn wir schon mal beim Thema sind, interessiert Dich eventuell das kostenlose Webinar-On-Demand der Lev-Akademie mit dem Titel „Die 3 häufigsten Fehler in Qualitätsmanagementsystemen„.