Der Dachs, der DAX und die DAkkS
Der Dachs ist ein freundlich wirkendes Tier, auch wenn es ein Raubtier aus der Familie der Marder ist.
Der DAX kann Freude machen, auch wenn die 40 größten deutschen Unternehmenswerte immer wieder mal im Wert fallen.
Die DAkkS erscheint aktuell weder freundlich noch bringt sie Freude. Als privatwirtschaftliche Organisation fungiert sie als neutrale Akkreditierungsstellen in Deutschland.
Stand die DAkkS bereits bezüglich überhöhter Akkreditierungsgebühren in der Kritik, fällt sie jetzt mit überzogenen Anforderungen bei der Akkreditierung von Zertifizierungsgesellschaften negativ auf.
Zertifizierungsgesellschaften mit Hauptsitz in Deutschland müssen von der DAkkS zugelassen werden. Hierbei gelten scheinbar deutlich schärfere und umfangreichere Vorgaben als für den Rest der Welt.
Noch sind die Folgewirkungen für Unternehmen, welche z.B. nach ISO 9001 zertifiziert sind, überschaubar. Zum Beispiel wird man nur von DAkkS akkreditierten Zertifizierungsgesellschaften aufgefordert, im Rahmen von Erst- und Rezertifizierungen gewisse Dokumente aus dem QM-System einzureichen.
Das ist der Grund, warum QM-Beauftrage vor Erst- oder Rezertifizierungsaudits sogenannte „Dokumentcontainer“ befüllen müssen.
Hierzu wird in den FAQs auf der Website des IAF (International Accreditation Forum) öffentlich bestätigt, dass „… keine Dokumente der auditierten Stelle in der KBS* aufbewahrt werden müssen, um die Anforderungen der ISO/IEC 17021-1, Abschnitt 9.4.5.1, zu erfüllen“.
*KBS = Konformitäts-Bestätigungs-Stelle (quasi die Zertifizierungsgesellschaft)
Das ist aber nur die sichtbare Spitze des Eisbergs. Zum Beispiel hat man sich international auf Scopes (Branchen) für Audits geeinigt und Zertifizierungsauditor:innen müssen angemessene Kenntnisse im Scope nachweisen. Auch hier meint die DAkkS, dass diese Aufteilung zu grob sei. In deren Vorstellung kann z.B. ein Allgemeinmediziner keine chirurgische Abteilung eines Krankenhauses auditieren.
Scheinbar hat die DAkkS eine seltsame Vorstellung von Managementsystemen und einer Systembewertung. Gute Zertifizierungsauditor:innen mit Erfahrungen aus Produktionsbetrieben können Krankenhäuser wahrscheinlich besser auditieren als schlechte Auditor:innen mit entsprechendem Doktortitel.
Bis zu einem gewissen Grad sind die Scopes sinnvoll, aber aktuell schießt die DAkkS über das Ziel hinaus. Zertifizierungsstellen stehen bereits jetzt personell vor der Herausforderung, angemessen qualifizierte Auditor:innen zu gewinnen. Mit der Verschärfung der Scopes wird es in manchen Bereichen nahezu unmöglich, passende Auditor:innen zu finden und für den Job zu begeistern.
Spricht man mit z.B. ehemaligen Zertifizierungsstellenleiter:innen, die inzwischen das Handtuch geworfen haben, erfährt man von weiteren DAkkS-Anforderungen, die jeglicher Grundlage entbehren. Insbesondere kleinere Zertifizierungsstellen werden die übertriebenen Anforderungen der DAkkS nicht mehr stemmen können.
Scheinbar ist es typisch Deutsch, dass wir Anforderungen und Regeln genauer nehmen als der Rest der Welt. Das hat sicherlich Vorteile hinsichtlich der Verlässlichkeit, kann jedoch schnell unangemessene Ausmaße annehmen und die Handlungsfähigkeit lähmen. Das kennen wir auch aus anderen Bereichen (Brückenbau, Schulsystem, Breitbandausbau, Digitalisierung …).
Warum sollten sich Unternehmen für diese Entwicklung interessieren?
- Für deutsche Zertifizierungsstellen und deren Kunden sind Wettbewerbsnachteile zu befürchten. Die zusätzlichen Anforderungen verursachen zusätzliche Kosten, welche an die Kunden (also an ISO 9001 zertifizierte Unternehmen) weitergegeben werden.
- Kleinere Zertifizierungsgesellschaften werden vom Markt verschwinden, was die Wettbewerbssituation negativ beeinflussen kann.
- Im Rahmen von ISO 9001-Audits werden Dokumente für die DAkkS abgefragt, die von der ISO 9001 nicht gefordert sind. Alles nur, um die Container zu befüllen (Blindleistung).
- Es ist zu befürchten, dass der Markt von nicht akkreditierten Zertifikaten überschwemmt und dadurch intransparenter wird. Das ist ein eigenes Thema für einen späteren QM-Impuls.
Es ist schon eigenartig. Die Formulierungen in der ISO 9001 werden von Revision zu Revision lockerer, sinnvoller und weniger dokumentationslastig. Die DAkkS scheint genau in die entgegengesetzte Richtung zu marschieren.
Weiß Robert Habeck eigentlich, was da in seinem Verantwortungsbereich passiert und welche Auswirkungen das hat.
Jedenfalls haben erste Zertifizierungsgesellschaften die Flucht vor der DAkkS ergriffen und verzichten auf die Akkreditierung in Deutschland. Mit einem neuen Hauptsitz im Ausland eröffnen sich Alternativen.
Früher habe ich immer betont, dass man die Zertifikatsgültigkeit für Unternehmen in Deutschland am DAkkS-Logo auf dem Zertifikat erkennt. Heute sage ich: Auf einem „echten“ ISO 9001-Zertifikat muss das Logo einer international anerkannten Akkreditierungsstelle zu finden sein. Über deren Website kann die Gültigkeit mithilfe der Zertifikatsnummer bestätigt werden.
Eine Liste der international anerkannten Akkreditierungsstellen findet man auf der informativen Website des IAF: https://iaf.nu/en/accreditation-bodies
🙄 Ich finde das jedenfalls alles sehr bedenklich.
Weitere wertvolle Quellen zur Recherche findest Du in meinem Beitrag QM-Quellen. Natürlich findet man auch Informationen auf der Website der DAkkS: