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oder „Wenn das QM sein soll, dann wechsle ich meinen Beruf.“
Qualitätsmanagementsysteme sollen dazu beitragen, dass Kundenanforderungen erfüllt werden. Da Produkte kompliziert und Unternehmen komplex sein können, ist die Ermittlung und Erfüllung von Kundenanforderungen nicht immer ganz einfach.
Normen, wie die ISO 9001, enthalten Ideen zum Umgang mit komplizierten Themen und enthalten wertvolle Ansätze zum Umgang mit Komplexität. Insbesondere der allem zugrunde liegende PDCA-Zyklus ist die Wunderwaffe im Umgang mit Komplexität.
Moderne Organisationsformen garnieren den PDCA-Zyklus mit dem Prinzip der Selbstverantwortung, teamorientierten Entscheidungsfindungen und (wo angebracht) iterativen Vorgehen bei Kundenaufträgen oder Herausforderungen. Diese Paradigmen widersprechen in keinster Weise den Anforderungen der ISO 9001, ganz im Gegenteil.
Problematisch wird es für moderne Organisationen, wenn diese auf klassische Weise bewertet werden. Hierzu zählen zum Beispiel Auditor*innen, die immer noch nach unterschriebenen Dokumenten fragen und digitale Kollaboration nicht nachvollziehen können. Auch die dogmatische Anwendung von Checklistenstandards (z.B. VDA 6.3) führt zu seltsamen Situationen in Kundenaudits, bei denen der Lieferant Kalorien durch verständnisloses Kopfschütteln verbrennt.
Lust auf ein Beispiel?
Ein Konzernauditor fragt nach der Prozesslandschaft. Der QM-Beauftragte des Lieferanten öffnet die entsprechende Seite im SharePoint. Es erscheinen 3 Listen: Kernprozesse in Ablaufreihenfolge und Managementprozesse sowie unterstützende Prozesse in alphabetischer Reihenfolge. Mit einem Klick auf den Prozess gelangt man zur Prozessübersicht, die sich an das Turtle-Diagramm anlehnt. Hierfür gab es nur 6 von 10 Punkten, da den Auditoren die graphische Darstellung (also ein paar Pfeile zwischen den Kernprozessen) fehlte.
Da möchte ich laut aufschreien und diesen „QM-Experten“ fragen, wo darin der Mehrwert für das Qualitätsmanagementsystem liegt. Und das war nur ein Beispiel, zu dem sich im dreitägigen Audit weitere Themen auf diesem Kindergartenniveau gesellten. Sicherlich ist das Auditorenteam auch auf echte Verbesserungspotenziale gestoßen. Diese drohen jedoch im Wust von Scheinverbesserungen unterzugehen.
Lust auf noch ein Beispiel?
In einem Zertifizierungsaudit beklagte eine Auditorin, dass Mitarbeitende Worddokumente aus dem SharePoint vor dem Ausdruck manipulieren könnten. Ich habe dieser Auditorin vorgeführt, wie ein geschütztes PDF-Dokument vor dem Ausdruck manipuliert werden kann. Im Auditbericht steht dennoch die Empfehlung, dass „die Möglichkeiten der Manipulation von Dokumenten vor deren Ausdruck bewertet werden sollten“. Da half auch nicht der Einwurf der Geschäftsführung, dass einer solchen Manipulation die fristlose Kündigung folgen könnte. Der eigentliche Witz ist jedoch, dass im Unternehmen keine bewussten Manipulationen an Dokumenten bekannt sind.
Seit dieses Unternehmen die QM-Dokumentation im SharePoint pflegt und hierbei nur bearbeitbare Office Formate zum Einsatz kommen, machen die Mitarbeitenden im QM-System aktiv mit. Das ist doch viel mehr wert als die Angst, dass jemand ein Dokument böswillig verändert. Nebenbei bemerkt: Im SharePoint können keine Änderungen gespeichert werden, ohne Spuren (eingeloggte User*in und Datum) zu hinterlassen.
Was tun?
Die Antwort ist einfach, doch die Umsetzung erfordert Mut:
„Wir sind für unser QM-System verantwortlich und wir lassen uns nichts Unsinniges in unser QM-System hineindiktieren. Wir sind offen für Verbesserungen und wir werden deren Mehrwert stets kritisch hinterfragen.“
Um den entsprechenden Mut aufzubringen, ist ein solides QM-System eine wesentliche Voraussetzung. Nur ein wirksames QM-System, belegt durch gute Lieferleistungen, liefert Argumente zur Entkräftung unsinniger Empfehlungen oder haltloser Abweichungen.
Leider sind viele Unternehmen noch weit davon entfernt, mit ihren QM-Systemen glänzen zu können. Hauptsächlich liegt dies am Ursprünglichen Ziel des internen QM-Projekts. Wenn Qualitätsmanagementsysteme zum Erlangen von Zertifikaten eingeführt werden, wird selten eine kollaboratives Umgebung entstehen, die von Mitarbeitenden als hilfreich wahrgenommen und genutzt wird.
Vielleicht sind einige Unternehmen selbst schuld, dass sie Auditor*innen getrieben reaktive Blindleistung erbringen müssen. Andererseits ist es erschreckend, wenn gut aufgestellte und modern denkende Unternehmen durch unsinnige (Schein-) Anforderungen ausgebremst werden.
Mein Tipp für Qualitätsmanagementsysteme
Bauen Sie Ihr QM-System so auf, dass es vollständig darauf ausgerichtet ist Kundenanforderungen zu erfüllen. Es muss von Ihren Mitarbeitenden akzeptiert und genutzt werden. Alles andere ist Dekoration und Show für Audits.
Buchen Sie noch heute mein kostenloses Webinar zu den drei häufigsten Fehlern in Qualitätsmanagementsystemen. Vielleicht erhalten auch Sie dort hilfreiche Impulse zur Verbesserung Ihres QM-Systems.