Vorsicht vor Hinweisen
Eine typische Auditsituation. Der QMB präsentiert dem Zertifizierungsauditor eine Exceltabelle, in der die internen Fehler erfasst und analysiert werden. Der Auditor fragt nach, ob man auch auswerten könne, wie viele Fehler je Abteilung aufgetreten seien. Der QMB verneint, da diese Information nicht mit erfasst wird. Und an dieser Stelle kommt der Hinweis des Auditors: „Sie brauchen doch nur Ihre Tabelle um eine Spalte ‚Abteilung‘ zu ergänzen, dann wäre diese Auswertung ohne weiteres möglich“.
Faktisch korrekt ist, dass Daten in Tabellenspalten gefiltert werden können. Jedoch liegt das Problem selten in der Ergänzung von Tabellen um weitere Spalten. Vielmehr muss überlegt werden, wie diese Spalten mit Inhalten gefüllt werden und ob die neue Auswertungsmöglichkeit tatsächlich Vorteile mit sich bringt. Kurz: Aufwand und Nutzen müssen bewertet werden, bevor man einen solchen Hinweis umsetzt. Zum oben angeführten Beispiel der Zuordnung von Fehlern zu Abteilungen könnte folgendes hinterfragt werden:
- Lassen sich Fehler stets eindeutig einer Abteilung zuordnen?
- Wie aufwändig ist die Zuordnung und wer kann diese vornehmen?
- Liefert die Auswertung nach Abteilungen Erkenntnisse, welche die Ursachenanalyse zur Abstellung von Fehlern erleichtert?
- Welche Negativauswirkungen könnte eine solche Ermittlung mit sich bringen? (z.B. könnten Abteilungen versuchen, gemachte Fehler anderen Abteilungen in die Schuhe zu schieben)
Auditoren (von Kunden oder Zertifizierungsgesellschaften) können schnell eine Empfehlung formulieren, die grundsätzlich gut gemeint ist. Jedoch muss vor der Umsetzung die Auswirkung auf bestehende Prozesse jeweils gut durchdacht werden. Nur dann lassen sich Mitarbeiter für die damit verbundenen Aufwände begeistern und gute Resultate (Verbesserung der Qualität, Vermeidung von Verschwendung, …) erzielen. Leider werden zu oft Daten ermittelt und geführt, weil dies irgendwann einmal ein Auditor so vorgeschlagen hat.
Was also tun, wenn der Auditor Hinweise äußert und / oder formuliert?
- Vermeiden Sie vorschnellen Aktionismus.
- Diskutieren Sie den Hinweis im Team.
- Finden Sie verschiedene Lösungsansätze (Varianten, Alternativen, gänzlich neue Ideen und Aspekte).
- Bewerten Sie die Auswirkung auf vorhandene Prozesse.
- Prüfen Sie, inwieweit vorhandene Programme (z.B. ERP-System) genutzt werden können.
- Stellen Sie Kosten und Nutzen in Relation.
Wenn Sie sich für die Umsetzung einer Maßnahme entscheiden, denken Sie an folgende Punkte:
- Was ändert sich an der Dokumentation (Abläufe, Formulare)?
- Entsteht ein zusätzlicher Qualifikationsbedarf?
- Wer muss zumindest informiert werden?
- Wie soll die Wirksamkeit der Umsetzung zu einem späteren Zeitpunkt geprüft werden.
Sollten Sie sich aus guten Gründen gegen die Umsetzung eines Hinweises entschließen, dann schreiben Sie diesen guten Grund in nachvollziehbarer Form auf, damit der Auditor beim Folgeaudit erkennt, dass Sie sich gewissenhaft mit seinem Hinweis befasst haben.
Selbst bei Abweichungen (der Auditor belässt es also nicht bei einem Hinweis) haben Sie die Freiheit, ihre geplanten Maßnahmen jeder Zeit zu optimieren (z.B. melden sie 2 Wochen nach dem Zertifizierungsaudit, wie Sie mit der Abweichung umgehen wollen, stellen jedoch in der Praxis fest, dass dies nicht sinnvoll funktioniert). Allerdings müssen in diesem Fall sinnvolle Alternativen umgesetzt werden.
Letzten Endes geht es nicht darum, einen Auditor zufrieden zu stellen, sondern das Managementsystem zu verbessern!
Anmerkung: Dieser Artikel ist in der Ausgabe Mai 2013 der Industrial Quality erschienen.